Anti-Game-Aktion endet in peinlichem Debakel

Vor einigen Wochen rief das bisher nicht allzu aktive Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden zu einer Wegwerfaktion auf. Als Belohnung winkte dieWegwerfaktion in Stuttgart Möglichkeit ein signiertes Trikot der deutschen Fussball-Nationalelf zu gewinnen. Die Aktion bestand im Prinzip daraus, dass ein Container vor dem Stuttgarter Opernhaus aufgestellt wurde und dann hätten zu Hauf besorgte Eltern in einem Akt der Erleuchtung böse Killerspiele in das Nirvana der Trägermedien verbannen sollen. Die im Container "gesammelten" Games wären dann verbrannt worden. Zumindest war dies der Plan dieser Kreuzritter gegen die Actiongames. Tatsächlich endete die Aktion bei jämmerlichen zwei Dutzend Spiele. Während der Aktion, welche fragwürdigerweise stark den Nazi-Zensurmassnahmen im Dritten Reich ähnelte, beleidigte Mitinitiant Hardy Schober, der beim Winnenden-Amoklauf seine Tochter verloren hatte und seit dann mit blindem Hass gegen Computerspiele und deren Konsumenten vorgeht, gegenüber der Presse sogar noch die Gamer.

Schade ist jedoch, dass diese äusserst peinliche Aktion im Namen der Familie und der 15 Opfer des Amoklaufs von Tim Kretschmar am 11. März 2009 durchgeführt wurde.

 

Erfolg der keiner war...

"Erfolgreiche Aktion in Suttgart" betitelt das Aktionsbündnis auf seiner Website und fährt dann folgend fort:

Das Aktionsbündnis hat sein Ziel damit erreicht, obwohl es
nasskaltes Wetter war, das sich zahlreiche Gamer am Stand
neben dem Container einfanden und mit Mitgliedern des
Bündnisses, sowie deren Befürwortern diskutierten und
redeten. Junge und auch ältere Generationen tauschten bei
interessanten Gesprächen die Meinungen aus.

www.aktionsbündnis-amoklaufwinnenden.de

Das dies niemals das Ziel der Aktion war kann man an mehreren Punkten erkennen.

1. Der Container
Wäre anstatt der Frachtcontainer eine kleine Mulde oder Müllcontainer verwendet worden und nicht dieser grossräumige Frachtcontainer, in dem sogar ein erwachsener Mann problemlos stehen kann, wie man in diesem Video problemlos erkennt, könnte man diese Aussage vielleicht noch ernst nehmen; doch die Container-Aktion zeigt klar, dass man nie auf einen Kompromiss aus war.

2. Das Plakat
Blutflecken, Faustfeuerwaffen und das uns bekannte Hetzwort "Killerspiele". Auch hier ist von Entgegenkommen und Dialog nichts zu sehen.

3. Der Sicherheitsdienst
Selbsterklärend. Wieso sollte jemand, der auf Kontakt und ein Gespräch aus ist, einen privaten Sicherheitsdienst engagieren, wenn die Polizei schon verstärkt zugegen ist, wie welt.de berichtet?

4. Vorangegangene Äusserungen
Auch wenn das Bündis seit dem peniblen Misserfolg darauf beharrt, dass sie das Gespräch mit den Konsumenten suchen, lässt keiner ihrer Aussagen oder Aktionen vor der Aktion darauf schliessen, dass dies der Wahrheit entspricht.

 

Die traurige Rolle der Medien

Wie gewohnt leidet bei diesem Thema die Qualität der Berichterstattung. Oftmals sind Artikel mit Stammtischweissheiten und Halbwahrheiten durchsetzt, so auch wieder bei der Badischen Zeitung:

Ego-Shooter: So viele wie möglich töten

Bei sogenannten Killerspielen blickt der Computerspieler durch die Augen einer schwer bewaffneten Figur. In der Regel will er so viele Gegner wie möglich töten, bevor es ihn selbst erwischt. Die im Fachjargon "Ego-Shooter" genannten Spiele sind häufig in einer apokalyptischen Zukunft angesiedelt. Beliebt sind aber auch Kriegsspiele. Die meisten Gewaltspiele sind netzwerkfähig. Die Spieler treffen sich im Internet oder auch tatsächlich in einem Raum bei sogenannten LAN-Partys (LAN steht für lokales Netzwerk).

Ein bekanntes Online-Spiel ist "Counter-Strike", das auch der Amokläufer von Winnenden gespielt haben soll. Dabei jagen Polizisten Terroristen und erschießen sie. Das Töten von Menschen ist in der fiktiven Welt des Computerspiels ein wesentlicher Bestandteil der Handlung. In einigen Versionen fließt kein Blut – gängige Internet- Versionen sind aber durchaus blutrünstig.

http://www.badische-zeitung.de/stuttgart-killerspiele-in-den-muell--21140762.html

Jeder Kenner der Szene aber auch jeder ohne ein Brett vor dem Kopf, wird die uns allen bekannten Klischees wie das Töten von möglichst vielen Personen oder der Zwang, dass ein Actiongame ein Ego-Shooter sein muss, problemlos erkennen.

Bis zum frühen Nachmittag hatten vor allem Jugendliche etwa zwei Dutzend Computerspiele wie das umstrittene "Counter-Strike" in einen Müllcontainer geworfen.

http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/10/0,3672,7913418,00.html

Diese Aussage des deutschen Staatsfernsehen steht im krassen Kontrast zu folgendem Bericht von Gamestar.de:

Nur drei Spiele entsorgt

Die Stuttgarter schienen hingegen nicht der Meinung zu sein, dass ein pauschales Verbot von Action-Spielen nötig ist. Obwohl es ein handsigniertes Trikot der Fußballnationalelf zu gewinnen gab, zählten wir bis 16 Uhr drei Titel, die neben zwei undefinierbaren Pappschachteln im Container lagen: GTA: San Andreas (ab 16 Jahre), das Konsolen-Prügelspiel Def Jam: Fight for NY und OpenArena, den Klon eines indizierten Ego-Shooters der Firma id Software. Das Letztgenannte hatten ironischerweise die Piraten mitgebracht, wie uns Jungpolitiker Sebastian Staudenmaier sagte. »Zu Informationszwecken. Damit sich die AAW-Verantwortlichen mal ein Spiel für Erwachsene ansehen können.«

http://www.gamestar.de/specials/reports/2309899/spott_fuer_die_killerspiele_killer.html

Man beachte: GameStar spricht von 16 Uhr und fünf Datenträgern, während ZDF vom "frühen Nachmittag" und "zwei Dutzend Computerspiele" schreibt. Auch hier bleibt abermals die Frage offen, inwiefern das ZDF objektiv blieb.

Auch peinlich: das oben bereits angesprochene Video zeigt wie die im TV gezeigten Szenen mehrfach gestellt wurden.

 

Gegenaktion

Nur wenige hundert Meter entfernt organisierten sich Gamer unter dem Verband für Deutschland Video- und Computerspieler. Sie protestierten dabei gegen die Vernichtung von Kulturgut und der pauschalen Diskriminierung von Games und Gamern.

Darauf reagierte Hardy Schober, der schon im SF-Club auftrat (GameRights berichtete) und dort aufgrund seiner Emotionalität die objektive Diskussion vollends verunmöglichte, mit folgender Aussage:

"Sie haben unsere Aktion nicht verstanden. Wir gehen nur gegen Killerspiele vor", kritisierte Schober vom Aktionsbündnis Winnenden.

http://www.welt.de/vermischtes/article4872008/Buendnis-will-oeffentlich-Killerspiele-vernichten.html?page=2#vote_4872237

Wirft dies nicht die Frage auf, wer hier tatsächlich nichts verstanden hat?

Ausserdem schaffte es Schober, das Niveau der Diskussion noch einmal einen Schritt tiefer zu setzen: Er behauptete, "die Spieler" hätten "keinen grossen Intellekt" und stellte so alle Actiongame-Fans als dumm dar.

Als letztes möchte ich noch auf folgendes Geschehnis hinweisen:alt
Das nebenan dargestellte Protestschild musste vom Träger weggesteckt werden, auch wenn es um Längenen weniger explizit ist, als jenes des Aktionsbündnis. In der Presse hiess es, verärgerte Passanten hätten dies verlangt. Auch dies ist wieder ein Beweis, wie bei Gamern ein anderes Mass angewendet wird, als bei Max Mustermann, der ja angeblich keine Games zockt.

GameRights wird dies im Auge behalten und bei Notwendigkeit weiter berichten.

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