Der Zwang an der Masse

Man stelle sich vor: Jeder darf in deine Wohnung eintreten, deine Sachen durchwühlen, deinen Kühlschrank leerräumen, deine Sammlung an Medien katalogisieren und am Ende ein psychologisches Profil von dir erstellen und an deine Haustür sowie deinen Briefkasten kleben und in der morgigen Tageszeitung veröffentlichen.
Was hat das mit GameRights zu tun? Mit Games? Mit der Realität? Es mag schon beinahe ein Wink mit dem Zaunpfahl sein, dass am 27. Oktober 2011 der nationale Tag der Medienkompetenz in Fribourg stattfand. Ausgerechnet am Release-Tag von Battlefield 3 und dem Zwang zur Online-Plattform Origin von Electronic Arts.

Manch ein Leser wird nun merken, worauf ich hinaus möchte: Origin - Der Ursprung. Doch von was? Bevor ich aber zum „Ursprung“ dieser Geschichte gehen kann, muss ich beim Anfang der Entwicklung beginnen: Datenschutz im Wandel der Zeit. Privatsphäre und Datenschutz waren seit je her immer ein Thema und es gab immer Zeiten in denen das Volk sich für diese Rechte einsetzen musste. Doch sind in Zeiten von Facebook, Twitter und Gameplattformen diese Rechte noch von Belang? Haben wir diese nicht bereits selbst verraten und hintergangen? Ist der Kampf vielleicht schon verloren und wir sollten die aktuelle Situation akzeptieren?

Es sind Fragen worauf ich zurzeit selbst keine Antwort bieten kann. Doch meine Einschätzung ist, dass sich der Datenschutz und die Privatsphäre verändern werden. Früher musste sich der Bürger nicht um diese Themen Gedanken machen. Der Staat hatte früher mit Gesetzen und Vorschriften die beiden Bereiche abgedeckt und niemand musste sich damit befassen. In der heutigen digitalen Welt hingegen muss jeder selbst bestimmen wie viel er von sich Preis geben will. Es mag schon fast philosophisch klingen, aber mit der gewonnenen Freiheit im Internet haben wir uns selbst die Verantwortung unseres Datenschutzes und der eigenen Privatsphäre auferlegt.

Doch nun wieder zurück zu den Tatsachen und den „Ursprung“ dieses Textes. Schon vor Origin gab es diverse Online-Plattformen. Sei es das Battlenet aus den 90er-Jahren,  Steam, der Ubisoft Game-Launcher oder die diversen Apps/Widgets auf Smartphones und in sozialen Netzwerken. EA haben das Rad sicher nicht neu erfunden, aber definitiv auf eine neue Bewusstseinsebene gesetzt. Wobei auch die anderen Plattformen ihre Gängelung, Restriktionen und Zwänge bereits hatten, wusste EA es zu toppen. EA wollte sich Funktionen und Rechte einräumen, die sich jeder Rechtsstaat und dessen Ermittlungsbehörden wünschen (Stichwort: Bundestrojaner in Deutschland): Überprüfung aller Installationen (Vorwand: EA Lizenzen), Katalogisieren der Hardware (Verbesserung der Spielerfahrung), erfassen von Profilen (Benutzerprofil, Spielprofil für Weitergabe an Dritte), Erfassen von Kommunikation und Datenverkehr. Keine andere Plattform kam bisher auf diese wahnwitzige Idee.

Okay, wir dürfen fair sein. EA hat bereits die EULA abgeändert und manche dieser Stellen entfernt oder abgeschwächt. Doch inwieweit die Applikation nun diese Daten erfasst oder sich an die neue EULA hält? Das weiss niemand.Doch was soll man nun tun? Sich vom Netz trennen, alle Daten löschen und hoffen, dass Google Cache die Daten irgendwann vergisst? Ein misanthropisches Leben führen und das Handy zum Beginn des neuen Lebens rituell verbrennen? Im Endeffekt sollte jeder selber wissen, wie er mit seinen Daten umgeht, aber: Es sollte in der Hand des Benutzers liegen. Er sollte das Recht haben und bestimmen, welche Daten zur Verfügung stehen. Es geht nicht darum etwas zu verbergen. Es geht einfach darum, dass mein Computer meine virtuelle Wohnung ist. Ich will selbst entscheiden welche Besucher in welche Räumlichkeiten rein darf. Im Prinzip sollte EA gleich fahren wie Facebook: Der Benutzer sollte die Möglichkeit haben selbst zu bestimmen, welche Daten zur Verfügung stehen oder blockiert werden. Idealerweise ohne Einschränkung zum Spiel (was z.B. bei Facebook nicht der Fall ist, wenn man nicht mit deren Zugriffsanfragen einverstanden ist).

In der Zwischenzeit? Eigentlich müsste man sämtliche EA-Produkte boykottieren, bis der Origins-Client angepasst und geprüft wurde. Doch wer will auf Battlefield 3 verzichten? Traurigerweise die wenigstens. Somit geht die Idee von EA auf: Zwang an der Masse und der Spieler folgt wie ein Schaf zum Schlachthof.

 

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